Anekdoten aus dem Wäscheladen

Jeder, der mit KundInnen zu tun hat, könnte ein Buch schreiben.

Früher hatte ich einen Wäscheladen in Hövelhof. Der Name des Ladens war schon vorher in meinem Kopf. Als ich sagte, ich nenne ihn "Fifi bijou" erntete ich einige verständnislose Blicke. Fifi ist im Französischen der Spitzname für Josephine..Bijou bedeutet so viel wie Schmuckstück.

Abends spät kam jemand zu mir in den Laden, der länger gesucht hatte.

"Ich hab überall nach einem Hundesalon gefragt!" sagte er...jaa...

 

Als ich anfing, mich mit Tipps zum Verkaufen zu beschäftigen, übte ich, den sog. "Zugangskanal" meiner

KundInnen zu erkennen und mich darauf einzustimmen.

Als eine Kundin nach einem Bademantel schaute und den von mir gezeigten mit "äääh...." angewiderter Blick..."diese schreienden Farben!!" kommentierte, sagte ich "o.k., ich schaue mal, ob ich etwas leiseres für Sie finde"...leider fand sie das gar nicht witzig ;-)

 

Der Trend zu hautfarbener, möglichst wenig auffallender Wäsche bescherte dann auch ein paar nette Begebenheiten...eine Frau fragte nach "fleischfarbener" Wäsche..... "fleischfarben?" o.k....ich zeigte ihr etwas rotes. "Nein, ich meinte fleschfarben!" "ja, aber Fleisch ist doch rot...?!" sagte ich schmunzelnd.

 

Eine andere Kundin interessierte sich für Wäsche unter einem dünnen weissen T-Shirt.

Dem Trend entsprechend zeigte ich ihr einen glatten, hautfarbenen BH.

"Nein, so was will ich nicht. Da könnte ja jemand denken, ich hätte nichts drunter!"

 

Apropos nichts drunter. Im Sommer kam eine Kundin zu mir und fragte nach Slips. Als sie den ersten anprobierte, sagte sie: "o.k., können Sie mir die Schilder abschneiden, den behalte ich direkt an..ich hatte nämlcih keinen drunter." Ich war sehr froh, dass sie direkt den 1. genommen hatte und gab ab sofort noch einmal extra den Hinweis, beim Anprobieren den eigenen drunter zu lassen..man weiss ja nie..

 

Eine Kundin kam mit ihrem Mann zu mir...sie probierte einige BHs, stand noch in der Kabine und wollte noch den passenden Slip dazu. Ich flitzte kreuz und quer durch den Laden und schaffte alles eventuell Passende heran. Mit der Zeit bemerkte ich, wie der Mann, der so lange im Sessel sass, mich beobachtete...er bekam immer grössere Augen, als ich in meinen Rosenkartons stöberte...als ich ihn anlächelte, sagte er:" ich würde irre!!!!  Mit diesen tausend Kartons und Ecken, in denen Sie gucken...!"

"sehen Sie.." sagte ich, "deswegen mache ICH das ja auch und nicht SIE" ;-)

 

Da ich auch Herrenwäsche anbot, war es nichts Ungewöhnliches, dass auch Männer zu mir ins Geschäft kamen. Eines Tages erschien einer, der sagte: "So...meine Frau hat immer so schöne Wäsche an, jetzt möchte ich auch!" "Ja sehr schön!" sagte ich und ging mit ihm in zum Regal mit der Herrenwäsche. "Nein, sagte er...so was will ich nicht. Ich möchte schon was mit Spitze!" "aha ?!" "Ja, haben Sie eine Corsage für mich?" von Vertretern war ich "vorgewarnt" worden, dass auch Männer Damenwäsche tragen, was nicht unbedingt etwas mit transsexuell zu tun haben muss. "Ja...sagte ich, da muss ich mal schauen, welche Damengröße bei Ihnen passen würde...." als er schliesslich anprobierte, fragte er, ob ich mal schauen könnte. "Wenn es o.k. ist, dass ich vielleicht lachen muss?!" fragte ich.... "Ja sicher" sagte er und die Situation war für mich entspannt.

Meistens wurde die Wäsche für den Partner von den Frauen mitgebracht.

Als ich eine fragte: "was trägt er denn?" sagte sie: "Ach, der zieht an, was ich ihm mitbringe!" Ich zeigte ihr die verschiedenen Slipmodelle, als sie kommentierte: "nein, SO was zieht er nicht an!" "Ach so...Sie bringen es ihm also nicht mit ?" fragte ich... fragender Blick...."naja..wenn er doch anzieht, was Sie ihm mitbringen??"

Eines Tages erschien eine Kundin mit neuem Partner. Seine Haltung war die eines Mannes, der mit seiner Körpergrösse, nämlich recht klein, ein Problem hat. Er trainierte offensichtlich im Fitness-Studio.

Als die Kundin in der Umkleide verschwand, fragte er mich: "was krieg ich denn, wenn ich hier mal so RICHTIG einkaufe ??" "Hm...." überlegte ich mit einem Rundum-Blick auf meine Ware....die allermeisten Menschen unterschätzen sehr, was die meist recht kleinen Teilchen so Wert sind.... "was bedeutet denn, mal so richtig ?? Für zwanzigtausend...zehntausend....tausend??" "ja, so 500,- " sagte er..."Drei Prozent" sagte ich...und er "Wie, 3 % ??? Das krieg ich ja überall!" "ja...dann ist das doch eine gute Regelung?!" entgegnete ich.

Auf etwas abfällig wirkende Bemerkungen von KundInnen bekam ich einmal einen sehr guten Tipp für die Reaktion darauf. Als eine Kundin, die etwas ziellos durch den Laden ging und hier und da mit 2 Fingern ein Teil herauszog, fragte ich, ob sie etwas Bestimmtes suche.... "Ach", sagte sie..."eigentlich...brauche ich nichts..und das hier reisst mich nicht wirklich vom Hocker!" "ich habe auch keine gewalttätige Wäsche", antwortete ich...ein paar Sekunden später konnte sie selbst drüber schmunzeln.

Bei der Neueröffnung meines Ladens in Gütersloh mit neuem Namen mariedesou brauchte ich diesen nicht mehr so oft erklären ;-) Am Tag der Eröffnung gab es einen Sektempfang und Canapés. Die Tür öffnete sich und schwungvoll mit Tür bis zum Anschlag öffnend schneite eine (mein Vater hätte sie als "Dame von Welt" bezeichnet) mit pelzverbrämten Cape herein. Hinter ihr her "dackelte" ihre Begleitung..Als ich den Mund öffnete, um sie zu begrüßen, kam sie mir zuvor und sagte hoch erhobenen Kopfes: "DANKE, ich schaue nur mal durch!" "Ich wollte Ihnen auch nur eine Gläschen Sekt anbieten.." erwiderte ich mit einem Lächeln. "DAS", sagte sie "dürfen Sie!" Zusammen mit ihrem Begleiter bediente sie sich dann auch an den Tabletts. Nach kurzer Zeit kam ihr Begleiter zu mir und sagte etwas geknickt: "Ähm....Tschuldigung...meiner Frau ist da ein Häppchen runtergefallen"....mit Putzzeug ging ich zu ihr, sie hatte "ganze Arbeit geleistet"...Am Sektglas entlang, am Tresen und Stuhl entlang bis auf die Fuss-Stütze auf dem dunklen neuen Teppich lagen die Reste des Sahnehäppchens...."aber das macht doch nichts!" Sagte ich und machte mich ans entfernen.."das kann doch JEDEM Mal passieren"...lächelte ich in mich hinein...sie betrat nie wieder meinen Laden. Ich vermute, die "Schmach" war zu gross.

 

Direkt um die Ecke gab es mehrere Arztpraxen und so war es öfters mal der Fall, dass jemand, der in den Laden kam, danach fragte.

Eines morgens steckte ein ca. 80jähriger Herr, leicht gebeugt und mit Stock, seinen Kopf zur Tür herein...der möchte bestimmt wissen, wo ...der Arzt zu finden ist, dachte ich. "Habta Büsstenheeeben??" Fragte er. Wahrscheinlich wäre mein Gesichtsausdruck ein Foto Wert gewesen... "nein, tut mir leid" antwortete ich..."die Nachfrage ist zu gering"... "müssen wa weita bei Beate Uhse bestellen?!" meinte er..."Ja, das sieht so aus..." sagte ich, während ich mir das Lachen verkneifen musste...

Das Leben ist doch immer wieder für Überraschungen gut.

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